Kris Scholz - Longing for Paradise
08.03. - 10.05.2025
Titelgebend für die Ausstellung ist eine Farbfotografie aus der gleichnamigen Serie Longing for Paradise von Kris Scholz aus dem Jahr 2008. Die großformatige Bildcollage zeigt eine Architektur, die zwischen in Nischen eingebetteten Skulpturen von Heiligen und Rundbögen alterniert. Aufgenommen in der erhöht gelegenen Benediktinerabtei Santa Maria de Montserrat lenken Rückenfiguren den betrachtenden Blick auf die hintergründige Bergkulisse. Tief in der katalanischen Kultur verwurzelt ist das nordwestlich von Barcelona befindliche Kloster zugleich religiöses wie nationalistisch aufgeladenes Symbol. Scholz verbindet diese vordergründige Szenerie mit einem Panorama des Aletschgletschers in der Schweiz. Eine seltsam unwirkliche Naturkulisse, die angesichts ihrer Monumentalität staunend und sehnsüchtig zurücklässt. Sie stellt ein irdisches Paradies dar, welches in Folge der Klimakatastrophe sukzessive im Schwinden begriffen ist.
Longing for Paradise ist zudem eine Anspielung auf das ikonische Werk Der Watzmann von Caspar David Friedrich. Der unerreichbare, im weißen Licht erstrahlende Berg steht bei Friedrich symbolisch für göttliche Macht. Ähnlich dem Maler der Romantik geht es Scholz nicht um die Dokumentation von Wirklichkeit, sondern um die Wiedergabe von Ahnungen und Sehnsüchten. Die äußere Landschaft wird somit zum Mittel der Darstellung innerer Zustände. Zugleich schafft Scholz bewusst Irritationsmomente, welche die Betrachter am Realitätsgehalt der Fotografien sowie ihrer eigenen Position in der Welt zweifeln lassen. Es gehört zum Konzept der Ausstellung, dass nicht nur vermeintliche Gegensätze harmonisch zueinanderstehen, sondern sich unterschiedliche gesellschaftliche Entwürfe von einem Wunschbild oder Idealzustand wie eine Metapher hinter den Bildmotiven verbergen.
Um einen anderen Blick auf die Welt zu erlangen, bedient sich Kris Scholz des Papiernegativ-Verfahrens. Er verwendet bei den Aufnahmen mit der Großbildkamera Baryt-Fotopapier statt Film. Barytpapier hat eine Rot-Grün-Unempfindlichkeit, sodass nur der Blauanteil des Lichts das Negativ belichtet. Auf diese Weise entstehen unwirklich anmutende schwarz-graue Effekte, welche sich der menschlichen Wahrnehmung und somit auch der menschlichen Wirklichkeit sonst entziehen. Sie ermöglichen darüber hinaus enorme Bildschärfe sowie Detailreichtum. Es entstehen mit der Kamera gemalte Landschaften, die im Zustand des Uneindeutigen verbleiben, als fremd vertraute Paradiese auf Papier gebannt sind.
Auf zahlreichen Reisen widmet sich Scholz Natur- und Stadträumen über jegliche Landes- und Kulturgrenzen hinweg. Einem Gemälde ähnlich ist beispielsweise die 2024 in Kuba entstandene Fotografie eines Interieurs in einem historischen Gebäude in Havanna. Sie scheint eine Oase der Ruhe und Harmonie wiederzugeben. Dem gegenüber steht eine Architekturfotografie, die ebenfalls in Havanna im Jahr 2024 aufgenommen wurde. Diese zeigt eine Ansicht der von einem Park umgebenen Zuschauertribüne des José Marti Stadions. José Marti galt als Schriftsteller und Vordenker der Unabhängigkeit, wurde in Kuba zum Nationalhelden.
Der Parque Deportivo José Martí spiegelt den Optimismus und die Hoffnung wider, die Kuba in den 40er- und 50er-Jahren durchdrangen und in der Person Fidel Castros ihre Fortsetzung finden sollten. Die in diesem Kontext geschaffenen architektonischen Formen lassen sich dem Baustil des Brutalismus zuordnen, welcher bei Entstehung den idealisierten Anspruch verkörperte, authentisch in Materialwahl und Konstruktion sowie ethisch in sozialen Aspekten der Architektur zu sein. Heute wird der Stil vor allem mit sozialistischen und kommunistischen Systemen in Verbindung gebracht.
Die fortwährende Aktualität der Paradiesthematik ist sicherlich auch damit zu begründen, dass Menschen sich stets nach einem Ort sehnen, an welchem sich die Defizite des realen Lebens aufzulösen vermögen. Die Ausstellung veranschaulicht, wie Idealbilder vom Paradies in verschiedenen Kulturen und Gesellschaftssystemen unterschiedliche Bilder und Realitäten erzeugen. Die Frage ist: Wer definiert, was ein Idealzustand ist?
Kris Scholz (* 1952) beendete 1990 sein Studium an der Kunstakademie Düsseldorf bei Bernd und Hilla Becher. Von 2005 bis 2021 war er Professor für künstlerische Fotografie an der Hochschule Darmstadt. Seine Werke wurden national und international ausgestellt und sind in zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen vertreten.
Zur Ausstellung erscheint eine Edition von zwei Motiven aus dem Düsseldorfer Museum Kunstpalast in einer 30er-Auflage zu einem Vorzugspreis von 750 €.
Titelgebend für die Ausstellung ist eine Farbfotografie aus der gleichnamigen Serie Longing for Paradise von Kris Scholz aus dem Jahr 2008. Die großformatige Bildcollage zeigt eine Architektur, die zwischen in Nischen eingebetteten Skulpturen von Heiligen und Rundbögen alterniert. Aufgenommen in der erhöht gelegenen Benediktinerabtei Santa Maria de Montserrat lenken Rückenfiguren den betrachtenden Blick auf die hintergründige Bergkulisse. Tief in der katalanischen Kultur verwurzelt ist das nordwestlich von Barcelona befindliche Kloster zugleich religiöses wie nationalistisch aufgeladenes Symbol. Scholz verbindet diese vordergründige Szenerie mit einem Panorama des Aletschgletschers in der Schweiz. Eine seltsam unwirkliche Naturkulisse, die angesichts ihrer Monumentalität staunend und sehnsüchtig zurücklässt. Sie stellt ein irdisches Paradies dar, welches in Folge der Klimakatastrophe sukzessive im Schwinden begriffen ist.
Longing for Paradise ist zudem eine Anspielung auf das ikonische Werk Der Watzmann von Caspar David Friedrich. Der unerreichbare, im weißen Licht erstrahlende Berg steht bei Friedrich symbolisch für göttliche Macht. Ähnlich dem Maler der Romantik geht es Scholz nicht um die Dokumentation von Wirklichkeit, sondern um die Wiedergabe von Ahnungen und Sehnsüchten. Die äußere Landschaft wird somit zum Mittel der Darstellung innerer Zustände. Zugleich schafft Scholz bewusst Irritationsmomente, welche die Betrachter am Realitätsgehalt der Fotografien sowie ihrer eigenen Position in der Welt zweifeln lassen. Es gehört zum Konzept der Ausstellung, dass nicht nur vermeintliche Gegensätze harmonisch zueinanderstehen, sondern sich unterschiedliche gesellschaftliche Entwürfe von einem Wunschbild oder Idealzustand wie eine Metapher hinter den Bildmotiven verbergen.
Um einen anderen Blick auf die Welt zu erlangen, bedient sich Kris Scholz des Papiernegativ-Verfahrens. Er verwendet bei den Aufnahmen mit der Großbildkamera Baryt-Fotopapier statt Film. Barytpapier hat eine Rot-Grün-Unempfindlichkeit, sodass nur der Blauanteil des Lichts das Negativ belichtet. Auf diese Weise entstehen unwirklich anmutende schwarz-graue Effekte, welche sich der menschlichen Wahrnehmung und somit auch der menschlichen Wirklichkeit sonst entziehen. Sie ermöglichen darüber hinaus enorme Bildschärfe sowie Detailreichtum. Es entstehen mit der Kamera gemalte Landschaften, die im Zustand des Uneindeutigen verbleiben, als fremd vertraute Paradiese auf Papier gebannt sind.
Auf zahlreichen Reisen widmet sich Scholz Natur- und Stadträumen über jegliche Landes- und Kulturgrenzen hinweg. Einem Gemälde ähnlich ist beispielsweise die 2024 in Kuba entstandene Fotografie eines Interieurs in einem historischen Gebäude in Havanna. Sie scheint eine Oase der Ruhe und Harmonie wiederzugeben. Dem gegenüber steht eine Architekturfotografie, die ebenfalls in Havanna im Jahr 2024 aufgenommen wurde. Diese zeigt eine Ansicht der von einem Park umgebenen Zuschauertribüne des José Marti Stadions. José Marti galt als Schriftsteller und Vordenker der Unabhängigkeit, wurde in Kuba zum Nationalhelden.
Der Parque Deportivo José Martí spiegelt den Optimismus und die Hoffnung wider, die Kuba in den 40er- und 50er-Jahren durchdrangen und in der Person Fidel Castros ihre Fortsetzung finden sollten. Die in diesem Kontext geschaffenen architektonischen Formen lassen sich dem Baustil des Brutalismus zuordnen, welcher bei Entstehung den idealisierten Anspruch verkörperte, authentisch in Materialwahl und Konstruktion sowie ethisch in sozialen Aspekten der Architektur zu sein. Heute wird der Stil vor allem mit sozialistischen und kommunistischen Systemen in Verbindung gebracht.
Die fortwährende Aktualität der Paradiesthematik ist sicherlich auch damit zu begründen, dass Menschen sich stets nach einem Ort sehnen, an welchem sich die Defizite des realen Lebens aufzulösen vermögen. Die Ausstellung veranschaulicht, wie Idealbilder vom Paradies in verschiedenen Kulturen und Gesellschaftssystemen unterschiedliche Bilder und Realitäten erzeugen. Die Frage ist: Wer definiert, was ein Idealzustand ist?
Kris Scholz (* 1952) beendete 1990 sein Studium an der Kunstakademie Düsseldorf bei Bernd und Hilla Becher. Von 2005 bis 2021 war er Professor für künstlerische Fotografie an der Hochschule Darmstadt. Seine Werke wurden national und international ausgestellt und sind in zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen vertreten.
Zur Ausstellung erscheint eine Edition von zwei Motiven aus dem Düsseldorfer Museum Kunstpalast in einer 30er-Auflage zu einem Vorzugspreis von 750 €.